Ein kleines Symbol mit großer Bedeutung
Im Song trägt der Protagonist einen „piccola pietra“ – einen kleinen Stein – bei sich. Er sagt, er wolle ihn dorthin bringen, wo es keinen Frieden gibt. Das klingt unspektakulär. Fast bescheiden. Und genau darin liegt die Kraft: Nicht jeder Wandel beginnt mit einem Knall. Vieles beginnt mit einem inneren Entschluss.
Der kleine Stein, den er bei sich trägt, wirkt unscheinbar – und sagt doch so viel über das aus, was Inklusion im Kern bedeutet. Auch sie beginnt leise. Vielleicht in einem Bewerbungsgespräch, bei dem ein Mensch mit Behinderung ernsthaft in Betracht gezogen wird – nicht als Pflichtübung, sondern aus echtem Interesse. Vielleicht auch, wenn eine Führungskraft sich fragt: Wo sind eigentlich die Menschen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten in meinem Team?
Was mich daran so berührt: Es geht nicht um große Programme. Sondern um eine Haltung. Eine Bereitschaft, sich auf Vielfalt einzulassen, auch wenn sie irritiert. Der kleine Stein erinnert uns daran, dass es nicht um Perfektion geht, sondern um den ersten Schritt. Um eine Entscheidung. Und um den Mut, ihn zu gehen – auch ohne Garantie auf Applaus.


Verantwortung statt Heldentum
Was mich an dem Lied besonders bewegt, ist die Haltung der Hauptfigur. Er geht nicht aus Abenteuerlust, nicht aus Flucht – sondern weil er etwas tun will. Etwas, das größer ist als sein persönliches Glück. Er verzichtet auf eine Nähe, die ihn erfüllt hätte. Und entscheidet sich stattdessen für einen Weg, der Mut erfordert. Der vielleicht sogar einsam ist.
Ich sehe darin eine Parallele zu vielen Menschen, die sich in sozialen, politischen oder inklusiven Bereichen engagieren – oft ohne Beifall. Auch in meinem Alltag als Coach und Berater erlebe ich das: Menschen, die sich einsetzen, die Strukturen verändern wollen, die sich unbequem machen. Nicht, weil sie müssen. Sondern weil sie sich nicht raushalten wollen. Oft ist es nicht der lauteste Beitrag, sondern der konsequenteste, der wirklich etwas verändert.
Verantwortung beginnt nicht erst in der Führungsetage. Ich habe Klient*innen begleitet, die den Mut hatten, in einem Meeting zu sagen: „Können wir diesen Begriff bitte nicht mehr verwenden?“ Oder: „Ist der Raum wirklich für alle zugänglich?“ Das sind kleine Interventionen. Aber sie zeigen: Ich bin wach. Ich nehme wahr. Ich nehme teil.
Inklusion lebt von kleinen Schritten
Oft wird Inklusion als etwas Großes verkauft. Als Projekt. Als Kampagne. Als Strategie. Und ja – strukturelle Veränderungen sind wichtig. Aber sie brauchen Menschen, die sie mit Leben füllen. Und das beginnt bei jedem Einzelnen. In unseren Rollen als Kolleg*innen, Führungskräfte, Veranstalter*innen, Dienstleister*innen, Freund*innen.
Ich selbst bin mit einer angeborenen Querschnittslähmung aufgewachsen. Der Rollstuhl ist für mich Alltag. Und genau deshalb weiß ich: Die entscheidenden Veränderungen passieren nicht in Hochglanzbroschüren. Sondern im Alltag. Wenn jemand beim Veranstaltungsort nicht fragt, ob ich komme, sondern was ich brauche. Wenn Menschen mir nicht sagen, wie beeindruckend ich bin – sondern mich einfach als Coach buchen, weil sie mir vertrauen. Wenn Klient*innen spüren: Da ist jemand, der nicht nur die Theorie kennt, sondern die Praxis.
Diese kleinen Erfahrungen sind es, die Vertrauen aufbauen. Die zeigen: Ich werde gesehen – nicht als Sonderfall, sondern als Teil des Ganzen. Inklusion lebt nicht von Sonderregelungen, sondern von gemeinsamen Spielräumen. Und die entstehen dort, wo Menschen bereit sind, mitzudenken. Ein Kollege hat mal gesagt: „Ich habe durch dich gelernt, besser zuzuhören.“ Das war für mich eines der größten Komplimente.

Der Stein in meiner Tasche
Wenn ich über das Bild des kleinen Steins nachdenke, merke ich: Auch ich trage so einen mit mir herum. Für mich ist es der Wunsch, Räume zu öffnen. Gespräche anzustoßen. Und Menschen zu begleiten – mit und ohne Behinderung. Ich sehe mich nicht als Weltveränderer. Aber ich glaube daran, dass jede*r von uns einen Beitrag leisten kann. Nicht immer sichtbar. Aber wirksam.
Diesen Stein habe ich nicht gesucht. Ich hatte ihn wahrscheinlich schon immer dabei. Manchmal war er schwer. Manchmal auch leicht. Aber er gehört zu mir. Und ich bin froh, ihn zu tragen.
In einer Welt, in der so viele schreien und fordern, ist es manchmal dieser stille Auftrag, der am meisten bewegt. Wer hätte gedacht, dass ein Lied von Eros Ramazzotti mich daran erinnert?
Und du? Was ist dein kleiner Stein? Und wohin trägst du ihn?
Lass uns darüber sprechen. Vielleicht entsteht daraus etwas Größeres. Vielleicht nicht sofort. Aber irgendwann.
Denn aus kleinen Steinen entstehen Wege.

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