Mitten im geschehen

Die Wachablösung am Buckingham Palace war eindrucksvoll. Viel Zeremonie, viele Menschen – und ein klar abgegrenzter, gut sichtbarer barrierefreier Bereich, in dem ich einfach Teil des Ganzen sein konnte. Kein Gedränge, kein Mitleid. Stattdessen: gute Sicht und eine entspannte Atmosphäre. Wer wie ich darauf angewiesen ist, die Umgebung im Sitzen wahrzunehmen, weiß diese Art von Zugänglichkeit besonders zu schätzen. Es geht dabei nicht nur um Sichtachsen, sondern um die Frage: Werde ich mitgedacht oder übersehen?

Auch beim Verlassen des Geländes hatte ich Zeit, die Menschen um mich herum zu beobachten. Viele wollten nur das Foto – die Inszenierung. Ich hingegen nahm die Details wahr: das leichte Klirren von Metall, das Lächeln eines kleinen Kindes, die Art, wie Uniform und Tradition auf Neugier trafen. In solchen Momenten wird mir bewusst, wie anders ich unterwegs bin. Nicht nur wegen meines Rollstuhls, sondern weil ich Räume und Situationen anders wahrnehme. Vielleicht auch, weil ich gelernt habe, nicht alles für selbstverständlich zu halten – und gleichzeitig genau dafür zu kämpfen: für mehr Selbstverständlichkeit.

Ganz anders der Moment in der Westminster Cathedral. Ich gehe hinein, lasse das Gewölbe auf mich wirken. Keine Menschenmassen, keine Worte. Nur Ruhe. Und in dieser Ruhe spüre ich: Ich muss nichts leisten. Ich darf einfach da sein. Solche Orte fehlen uns oft im Alltag. Orte, die nicht erklären, sondern einladen. Der Besuch wurde zu einer unerwarteten Pause vom Tempo der Stadt – und gerade deshalb besonders.

 

 

Ein Rollstuhl macht mobil-nicht starr
Westminster Abbey
Frau in der Hocke am Boden sitzend

Vor der Legende – die Abbey Road

Ich war in der Abbey Road – aber nicht wegen des berühmten Zebrastreifens. Ich habe kein Foto gemacht, wie ich über die Straße fahre, so wie es viele Tourist*innen tun. Stattdessen blieb ich vor dem Abbey Road Shop stehen – genauer gesagt: vor der Zeittafel, die die Geschichte dieses weltberühmten Studios erzählt. Für mich war das der eigentliche Moment. Nicht das ikonische Bild, sondern die Erinnerung daran, dass hier von „The Beatles“ Musikgeschichte geschrieben wurde – und zwar über Jahrzehnte hinweg.

Es war ruhig an diesem Nachmittag. Während andere sich für das berühmte Foto am Zebrastreifen positionierten, las ich. Und dachte nach. Was bedeutet es, Teil von etwas zu sein, das größer ist als man selbst – auch wenn man nur für einen Moment vorbeikommt? Die Zeittafel erinnerte mich daran, dass vieles, was wir feiern, auch Raum braucht: für Stille, für Hintergrund, für Geschichte. Und dass man manchmal abseits des Spektakels genau die Tiefe findet, nach der man eigentlich sucht.

Kultur erleben – ohne Umwege

Ein weiteres Highlight war der Abend im Royal Opera House: Carmen. Großartige Stimmen, große Emotion – und: barrierefreier Zugang. Kein Suchen, kein Hintereingang, sondern ein Platz im Raum, auf Augenhöhe mit dem Geschehen. Kultur für alle – ganz konkret. Ich erlebte nicht nur die Oper, sondern auch, wie Organisation und Haltung zusammenspielen. Personal, das nicht belehrt, sondern begleitet, macht einen riesigen Unterschied.

Auch mein Besuch im Ronnie Scott’s Jazz Club bleibt unvergesslich. Die mobile Rampe, die fix am Haupteingang installiert wurde. Der Sound, , die Selbstverständlichkeit, mit der ich willkommen war – all das passte.. Kein Bonus. Einfach Respekt. Und das reicht völlig. Wer inklusive Gastfreundschaft erleben will, muss nicht in ein ‚Spezialprogramm‘ – manchmal reicht ein Ort, der wirklich offen ist.

Royal Opera

Alltag als Gradmesser

Covent Garden laut, lebendig, vielseitig. Zwischen Straßenmusik, improvisierten Auftritten und Tourist*innen mit Kameras blieb ich stehen, ließ mich treiben, schaute zu. Kein besonderer Moment, keine große Erkenntnis – aber einer dieser Tage, an denen einfach alles ineinandergreift. Ich war unterwegs, habe gegessen, mich treiben lassen – und war genau da, wo ich sein wollte.

Der Platz mit seinen großformatigen Pflastersteinen hatte es allerdings in sich. Ich musste schon aufpassen, nicht auf die Nase zu fallen. Für Rollstuhlnutzende keine Kleinigkeit – aber auch nichts, was mich ausgebremst hätte. Ich passe mich an, schiebe nach, halte gegen – wie so oft.

Was auffällt, wenn man viel unterwegs ist: wie Orte gestaltet sind. Ob man durchkommt, ob man bleiben kann, ob man gesehen wird – nicht als Ausnahme, sondern als jemand, der dazugehört, weil er eben da ist. In London hatte ich oft das Gefühl: Hier wurde mitgedacht. Nicht mehr und nicht weniger.

Darum geht es für mich bei Inklusion: nicht um Aufmerksamkeit, nicht um Sonderwege – sondern um Alltag, der für viele funktioniert. Ohne es zu betonen.

Covent Garden

Bewegung in die richtige Richtung

Und dann: die roten Busse. Ich bin viel gefahren – und jedes Mal war es unkompliziert. Rampe raus, Einstieg freundlich, kein großes Tamtam. Fast alle Busse in London sind barrierefrei – und zwar so selbstverständlich, dass es auffällt. Im besten Sinne. Genau so stelle ich mir Teilhabe vor – nicht nur im Verkehr, sondern auch im Berufsleben. Es geht nicht darum, jedes Hindernis zu beklagen. Es geht darum, Lösungen zur Normalität zu machen. Der öffentliche Raum zeigt, wie sichtbar Haltung wird – oder eben nicht. Wenn technische Lösungen mit menschlicher Freundlichkeit zusammentreffen, entstehen Räume, die wirklich offen sind.

Was mir besonders auffiel: Die Fahrer*innen warteten, bis ich sicher eingestiegen war. Niemand drängelte, niemand rollte mit den Augen. Es war einfach Teil des Ablaufs. Diese Selbstverständlichkeit macht viel aus. Nicht, weil sie spektakulär ist – sondern weil sie in der Routine sichtbar wird. Und genau da zeigt sich Haltung: nicht im großen Auftritt, sondern im täglichen Tun.

 

 

London Bus
Grauzone

Was bleibt?

London ist nicht perfekt. Aber es zeigt: Es geht anders. Es geht inklusiver. Und das wirkt. Auf die Haltung. Auf das Miteinander. Aufs Lebensgefühl. Mir wurde auf dieser Reise erneut bewusst, wie stark uns Strukturen prägen – und wie befreiend es ist, wenn sie endlich einmal funktionieren.

Wenn du dir mehr Klarheit, neue Perspektiven oder einfach jemanden an deiner Seite wünschst, der dir nicht sagt, wie es geht – sondern mit dir den Raum öffnet, in dem du es selbst herausfindest: Ich bin da.

Ich begleite Menschen mit und ohne Behinderung – strukturiert, zugewandt, mit Humor und ohne Umwege.

Was mir besonders auffiel: Die Fahrer*innen warteten, bis ich sicher eingestiegen war. Niemand drängelte, niemand rollte mit den Augen. Es war einfach Teil des Ablaufs. Diese Selbstverständlichkeit macht viel aus. Nicht, weil sie spektakulär ist – sondern weil sie in der Routine sichtbar wird. Und genau da zeigt sich Haltung: nicht im großen Auftritt, sondern im täglichen Tun.

Solltest Du Fragen oder Anmerkungen haben, wende Dich jederzeit an mich und schreibe an
info@gemeinsaminklusiv-thomasspitzer.de

oder buche Dir einen Termin für ein Infogespräch per Zoom